2/10 Kontrolle - Leseprobe
Zur Konstitution der Kontrollgesellschaft
Serhat Karakayali
Kontrolle und Autonomie der Migration in Griechenland
Bernd Kasparek
„Lernen zu Helfen“.
Ein essayistischer Indizienbericht dazu, wie Projekte und Techniken Ehrenamtliche professionalisieren
Maria Schwertl
Electronic Monitoring.
Aggregatzustände einer aktuellen Überwachungspraxis
Sven Bergmann
Jugendliche unter Kontrolle.
Logiken des Umgangs mit problematischen
Jugendlichen
Gerlinde Malli
Das Unsichtbare Auge in der Stadt.
Der Überwachungsdiskurs in den Medien
Barbara Frischling und Claudia Rückert
What does one wear to a sperm bank?
Negotiations of Sexuality in Sperm Donation
Sebastian Mohr
Spätmoderne Mutterschaft und der Wille zur Arbeit
Petra Schmidt
From Self-Policing to Authenticity.
Zu wechselnden Prämissen des Antiterrorkampf unter George W. Bush und Barack Obama
Jens Kabisch
Unter Kontrolle.
Der Mensch im Utopismus
Josef Bordat
Kunstinsert
Fabian Hesse
In vielen Bereichen zeichnet sich derzeit eine Verstärkung von Ordnungs-, Sicherheits- und Überwachungsdiskursen ab, durch die Wertevorstellungen und Normalität diskutiert und ausgehandelt werden. Während von der Politik Maßnahmen getroffen werden, die sowohl den Entwurf des Selbst als auch der Gesellschaft betreffen, gibt es gleichzeitig Stimmen, die dabei eine eingreifende Kontrolle, staatliche Steuerungen und damit eine Beschränkung der Individualität und Freiheit befürchten. Eine differenziertere Betrachtung zeitgenössischer Phänomene zeichnet aber auch ein Bild, bei dem Menschen staatliche Kontrollversuche in Frage stellen, Eigenstrategien entwickeln und somit die Kontrollierenden herausfordern. Im Zuge spätmoderner Transformationsprozesse sämtlicher gesellschaftlicher Bereiche deuten sich außerdem verstärkt Veränderungen an, die eine Differenzierung zwischen Außen- und Selbstkontrollen hinfällig machen; vielmehr zeigen sich interdependente Verkettungen zwischen Herrschaftstechniken und Selbsttechnologien. Gerade in Gesellschaften neoliberaler Ausrichtung scheint eine Maxime der Entgrenzung, Mobilität und Flexibilität zu gelten. So verschieben sich Aspekte der staatlichen Verantwortung stärker zu Aufgaben des eigenverantwortlichen Selbst und fordern dabei den Menschen immer mehr Selbstrationalisierung, -disziplinierung und -kontrolle ab, um entlang der sich wandelnden Lebensbedingungen handlungsfähig zu sein. Die vorliegende Kuckuck-Ausgabe widmet sich dem Thema Kontrolle mit heterogenen Perspektiven und Fragestellungen. Einleitend stellt Serhat Karakayali das zeitgenössische Migrationsregime in einen Zusammenhang mit der Frage nach Kontrolle und Selbstregulation, indem er den Kontrollbegriff genealogisch herleitet. Im Anschluss daran zeigt Bernd Kasparek am Beispiel der border management-Agentur Frontex, dass innerhalb der EU das Migrationsregime eine zunehmende Europäisierung der Politiken erlebt.