2/18 Gleichheit - Editorial
Das Dilemma der Gleichheit
Mit Gleichheit fokussiert die vorliegende Ausgabe des Kuckucks einen Begriff, der in den letzten Jahren meist einzig hinsichtlich seines Spiegelbildes ‒ der Ungleichheit ‒ thematisiert wurde. Sowohl in kultur- und sozialwissenschaftlicher Forschung als auch in politisch-aktivistischen Kontexten werden gesellschaftliche Selbstverständnisse vor allem in Abarbeitung an identitätspolitischen und auf dem Konzept der Differenz basierenden Ansätzen diskutiert. Die damit verbundenen, häufig aufgeregten Debatten verlieren zugleich an Überzeugungskraft, was sich nicht zuletzt an kritischen Stimmen zum ausschließlichen Fokus auf Identitätspolitiken in Aktivismus und Forschung zeigt. Auch Alltagskulturwissenschaftler_innen und Kulturanthropolog_innen verwenden Unterschiedlichkeit nicht zuletzt qua Routine als Linse des analytischen Blickes und orientieren sich an intersektionalen Achsen der Differenz. Dieses Heft stellt einen Versuch dar, Themen von der anderen Seite her anzugehen: der Gleichheit.
Zwischen Gleichsein und Gleichmachen, den gleichen Rechten und dem (immer) Gleichen beschäftigt sich das Heft mit der Wiederholung, dem Reproduzieren, dem Austauschbaren, der Konformität, dem Kollektiven und der Übereinstimmung. Vorstellungen von Gleichheit – so zeigte sich schon in der Konzeption des Heftes und der Breite und Unterschiedlichkeit der angefragten Texte – sind höchst ambivalent, verweisen auf Utopien oder Dystopien und sind untrennbar mit Wertzuschreibungen und politisch-moralischen Haltungen verbunden.