1/11 Leib-Eigenschaft - Leseprobe
Georg Wolfmayr
Diskont-Körper. Über das Einlernen von Schnelligkeit in einer Hoferfiliale.
Der Diskonter Hofer gilt als einer der wirtschaftlich erfolgreichsten Lebensmittelhändler in Österreich. Seit 1999 hat sich der Umsatz des Unternehmens Hofer auf 3,36 Mrd. verdoppelt, mittlerweile gibt es 430 Filialen und mit 19.8 Prozent Marktanteil nimmt es den dritten Platz nach Rewe und Spar ein.1 Dabei hat sich das Unternehmen nach eigenen Angaben „konsequent dem Diskont-Prinzip verschrieben“2 , um Produkte „zu konstant niedrigen Preisen anzubieten“3 . Die niedrigen Preise werden auch durch eine Personalpolitik ermöglicht, die auf einen niedrigen Personalstand abzielt und die MitarbeiterInnen permanent zu schnellerer Arbeit auffordert.
Im Sommer 2010 war ich selbst Teil des Hoferteams und konnte am eigenen Leib erleben, was es heißt, schnell sein zu müssen. Aus finanziellen Gründen arbeitete ich übergangsweise zwei Monate in einer Filiale in Wien. Meine Reflexionen basieren daher nicht auf systematischer Forschung, sondern sind das Produkt einer körperlichen Erfahrung im Rahmen eines Anstellungsverhältnisses, das zunächst nicht mit der Absicht zu forschen verbunden war. Die Teilnahme ist vielleicht gerade deswegen – da ich einem ähnlichen finanziellen Druck wie meine KollegInnen ausgesetzt war – als intensiver, wenn auch gleichzeitig aufgrund fehlender Systematik als eingeschränkter einzuschätzen.