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1/18 Lust - Leseprobe

Ruth Dorothea Eggel und Barbara Frischling

I care – I love it.

Lustvolle Emojipraktiken als Teil neoliberaler Subjektwerdung

Bunt eingefärbt und mit übertriebener Mimik bereichern sie den grauen (Chat-)Alltag. Emojis lachen gemeinsam mit den Menschen oder auch allein Tränen. Sie bekunden in unterschiedlichen Herzformen – vom klassischen roten Herz über pinke Glitzer-Herzen bis hin zum schwarzen Herz – unterschiedliche Arten von Zuneigung oder werden ausgetauscht, um Hilfe bei Hausaufgaben zu erhalten. Neben den gelben Gesichtern, deren Farbe sich seit 2015 mit dem „skin tone modifier“ anpassen lässt,[1] gibt es auch eine Reihe von anderen Emojis: Gebäude, Fahrzeuge, Tiere. Sie können, gezielt aneinandergereiht, eine Geschichte erzählen oder völlig sinnfrei als Emoji-Block, das heißt als große Emoji-Ansammlung, das komplette Handy-Display ausfüllen. Eingesetzt in unterschiedlichsten Kontexten, an denen unterschiedliche Menschen beteiligt sind, verweisen sie auf Aushandlungs-Prozesse sozialer Beziehungen (zwischen besten Freund_innen, in romantischen Beziehungen, zwischen Eltern und Kindern, aber ebenso mit Vorgesetzten). Häufig werden sie mit Adjektiven wie »lustig«, »freundlich« oder »schön« assoziiert und lassen sich so als Teil einer durch „ästhetischen Kapitalismus” geprägten Gegenwart betrachten. Sie sprechen auf einer visuell-ästhetischen Ebene an und bestimmen das Aussehen einer Nachricht, eines Textes oder auch einer ganzen App. Konversationen mit Emojis werden als bunter, schöner und damit vielfach lustvoller wahrgenommen. Sie funktionieren, laut einer Schülerin (11 Jahre), etwa als Accessoire einer Nachricht und werden wie eine Tasche, passend zum Outfit, ausgewählt. Ein anderer Schüler (11 Jahre) ist fasziniert von ihrer Buntheit: „Das schaut dann schön fast aus, die ganzen Emojis mit den ganzen Farben oder so und wenn man drüber schaut.“[2]

Dieser Beitrag zeigt, wie Emojis als »lustvolle« Elemente von Alltagskommunikation verstanden werden, aber darüber hinaus je nach Kommunikations-Kontext (wer kommuniziert?) an individuellen Ausdrucksweisen beteiligt sind. Trotz ihrer personalisierten Ausdrucksmöglichkeit verstehen sie sich gleichzeitig als genormtes, uniformes Emotions-»Raster«, auf das Menschen in ihrer Alltagskommunikation zurückgreifen. Als eine »quick and dirty« Form der Kommunikation wird insbesondere die scheinbare Effizienz von Emojis geschätzt. Wir werden ausführen, wie sich Emojis als subjektivierte und zugleich standardisierte Kommunikationspraktiken vor dem Hintergrund neoliberaler Ideale interpretieren lassen. Dabei wird sowohl die Lust an und durch Emojis in Alltagspraktiken thematisiert als auch die Frage, wie Emojis als „emotional practice“[3] zum einen neoliberale Subjektzusammenhänge sichtbar machen und zum anderen ihre Rolle bei der Gestaltung selbstbestimmter emotionaler Erfahrungen verdeutlichen.

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1/18 Lust - Inhaltsverzeichnis

Keine Lust.
Ein alltagstheoretischer Versuch zu Gorbatschows „Oblomow"
Jens Wietschorke

I care - I love it
Lustvolle Emojipraktiken als Teil neoliberaler Subjektwerdung

Ruth Dorothea Eggel & Barbara Frischliing

Zwischen „Ballermann und Kulturbürger_in"
Junggesell_innenabschiede als soziales Distinktionsmittel
Andrea Graf

„Fickt weiter!" - Oder besser doch nicht?
Aids-Prävention als Vorreiter eines neuen Gesundheitsparadigmas
Gruppe GOLDNER

Quality moments - durch Sexarbeit?
Notizen zum Lebensstil multilokal lebender männlicher Escorts
Peter F. N. Hörz

„It isn't socially accepted, but I love what I do."
Eine Innenperspektive von Sexarbeiterinnen Selbstbestimmung, Handelsmacht und Lust
Sabrina Stranzl

Fünf fette Fashionistas.
Über Lust und Frust am Plus-Size-Fashion-Blogging
Isabella Kölz

Schaulust: Der fotografische BLick auf den Teller.
Dynamisiert Instagram die Food Photography? Ein Essay.

Alexander Schwinghammer

Topographie des Begehrens.
Verfügbar gemachte Körper, männliche Lust und die diversifizierten Räume des Sexgewerbes in Pattaya, Thailand

Raphael Reichel

Kunstinsert
Magdalena Waller

1/18 Lust - Editorial

Lust. Lüste. Gelüste. Von Lebenslust bis Unlust, von Begehren bis zur Lust am Verbotenen, von lustig bis Ordnungslust, von Lustkonsum bis Konsumlust, von Lust im Feld bis Wanderlust. So vielfältig und facettenreich wie ihre Begrifflichkeit zeigt sich Lust auch in alltagsweltlichen Praktiken. »Lust« haben wir, diskutieren wir, kontrollieren wir, befriedigen oder verweigern wir. Wir versuchen sie zu unterdrücken, zu beweisen, bedauern ihr Fehlen oder erstreben sie. Selbst in der Askese ist Lust in ihrer Abwesenheit – wenn nicht gar in ihrer Negation – präsent.  

Das breite Spektrum der Lust geht mit ihrer Komplexität einher, weshalb sich verschiedenste Wissenschaften mit der Schwierigkeit, »Lust« als Phänomen zu fassen, beschäftigen. Nicht erst seit Sigmund Freuds psychoanalytischen Auseinandersetzung mit dem Lustprinzip, sondern trotz oder gerade aufgrund von tabuisierten Lusterfahrungen war Lust als Untersuchungsgegenstand bereits im antiken Griechenland populär. Platon stellte zum Beispiel Fragen nach der »wirklichen« Lust und die Problematisierung des richtigen Maßes an Lust bleibt bis heute aktuell, denn der Grat zwischen »guter« und »schlechter« Lust scheint schmal zu sein. Die zahlreichen Dimensionen der Lust machen deutlich, dass nur eine multiperspektivische Betrachtungsweise dem Begriff gerecht werden kann. Eine solche möchte auch dieses Heft bieten. Auf empirische Weise nähern sich die Autor*innen in ihren Beiträgen verschiedenen Momenten der Lust. 

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