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Cover der Vor-Stadtausgabe


Johanna Rolshoven
Vor-der-Stadt – Die Tentakel der Moderne und die Entpolitisierung des Sozialen

Die Stadtränder erhalten weniger politische und wissenschaftliche Aufmerksamkeit als die Innenstädte. Warum dies so ist, lässt sich mit einer Gemengelage aus ökonomischen Interessen und wirtschaftlicher Bedeutung, symbolischen und ästhetischen Markern begründen. Die Fama der Kernstadt als Ort der Urbanität in dem folgenreich von Louis Wirth 1938 definierten Sinne von Vielfalt, Dichte und Heterogenität[1] stellt sie in den Fokus aufwertender Diskurse, während ihre Ränder als „noch nicht“ oder „nicht mehr“ verdrängt, vernachlässigt, und als bedeutungsvolle Orte der Gesellschaft unterschlagen werden.

Das wissenschaftliche Interesse an der Zwischenstadt, an Sub-Urbia und Agglomeration besetzen eher ArchitektInnen und Raumplaner denn Sozial- und KulturwissenschaftlerInnen, deren Vorstellung von der Vorstadt die eines ungeordnetem ausgefransten Raumes sein mag, von grauen, tristen, banalen Quartieren, von „Problemvierteln“ in all ihren Unwägbarkeiten oder von „Einsamkeitszonen“[2] mit Einfamilienhäusern. Als historischer Ort der städtischen Revolte, als Ort der Abbildung gesellschaftlicher Integrationskrisen und als Ort der nicht eingelösten Zukunftsversprechen weckt die Vorstadt das Interesse der SozialarbeiterInnen, einiger HistorikerInnen, KriminologInnen und EthnologInnen.

Dem Begriff der Vorstadt haftet einerseits ein Noch-Nicht-Stadt (außen vor der Stadt) an, sie stellt das Versprechen auf Ankunft in der Stadt dar; anderseits bedeutet sie Distanz und Abstand, was sowohl Aufgenommenwerden als auch Ausgeschlossenbleiben bedeuten kann. Bei alledem ist die Vorstadt zugleich eine Position in der Stadtentwicklung, eine historische Form des Urbanismus, eine besondere Architekturform, ein ökonomischer Standort und ein städtischer Sozialverband, eine neighbourhood, mit einem eigenen wirtschaftlichen Gepräge. Die Bindemittel innerhalb einer vorstädtischen Nachbarschaft sind – zwischen arm und reich – vielfältig und weisen ein breites Spektrum zwischen Unabänderlichkeit, Verbindlichkeit und Wahlmöglichkeit auf. Zu ihnen zählen geografische und soziale Provenienz und biographischer Ort, etwa wenn die BewohnerInnen geteiltes soziales Leid, ein sichtbar erwirtschafteter Wohlstand oder eine Aufstiegsorientierung verbindet, die Raum-Zeit der Familiengründungsphase oder des Ruhestandes, eine politische oder ökologische Orientierung u.a.m.

Die historisch vorgespurten Repräsentationen des Sozialen und des Gebauten am Stadtrand sind langlebig und wirken selbst dann noch fort, wenn der einstige Rand längst Teil des Kerns oder ein eigenes Zentrum geworden ist. Sie werden über Massenmedien, Literatur, Wissenschaften und, von Mund zu Ohr, über Alltagskommunikation transportiert. Auf ihre BewohnerInnen wirken sie aufwertend (Paris Neuilly, London Westend, New York Greenwich) oder stigmatisierend (Paris St. Denis, London Whitechapel, New York Bronx), sie prägen individuelle Subjektivierungs- wie kollektive Sozialisationsprozesse. Als lebensweltliche Erfahrung und Erinnerung wirken sie in Statusformationen, Erziehungsmuster und Selbstbilder hinein und sind Elemente nationalstaatlicher Ideologien.

Das herrschende Interpretament bezüglich des Verhältnisses Stadt-Vorstadt ist das der Sub-Urbia, des Komplementärraumes oder der ausgefransten Kehrseite der Stadt, in die alles Unschöne ausgelagert wird (Mietskasernen, Umschlagplätze der Versorgung, Aufbereitungstechnologien, Industrien und Werkstätten) und wo der, wie Detlev Ipsen beschrieben hatte, Metabolismus der Stadt seine Orte und Zustände hat[3]. Dabei stehen die – einstige oder tatsächliche – Vorstadt und ihre Repräsentationen in einer engeren Beziehung zur Kernstadt und deren sozialen Orten als der Ruf oder die Baustruktur dies auf den ersten Blick offenbaren. Die Entwicklungsspezifik eines jeden Stadtteils lässt sich nur in seinen wechselseitigen Bezügen und Artikulationen zu anderen Stadtteilen und unter Berücksichtigung historischer Gewichtungsverschiebungen ermessen. Jede Quartiersidentität formiert sich in Abgrenzung zu einer anderen und gipfelt in dem Muster: hie die wohl- und anständigen Eingesessenen, da die armen ordnungslosen Zuwanderer; auch wenn jedes Quartier realiter weitaus gemischter ist als Reputation und Selbstrepräsentation dies zulassen; auch wenn sich die Sozialstruktur eines Quartiers über die Jahrzehnte längst verändert hat. Die einzelnen Stadtteile stehen in spezifischer Weise miteinander in Verbindung, bilden Konstellationen und Konfigurationen, und nur diese sind es, die die Stadt zur Stadt machen.

Vor dem Hintergrund dieser stadttypischen Verflechtungssituation stellt sich die zentrale Frage: Welches oder Was ist die Stadt der Vor-Stadt? Variationsreiche Definitionen erklären die Stadt zur Summe ihrer BewohnerInnen, zu einer wirtschaftlichen „Operationsbasis“[4], zu einem „knappe(n) Wort für eine Vielfalt von Wirklichkeiten“[5], zum „Resultat vielfältiger Mobilitäten“[6], zu einem Bewegungsraum, zu einem Labyrinth[7], einer „räumliche(n) Verkörperung von Zivilität“[8], einem „Ergebnis von Kulturkontakten“[9]. Die Stadt ist eine Welt, schreibt Marc Augé, sie ist immer Plural: ein Tentakel, notwendig unabgeschlossen, „eine Mischung aus Ordnung und Anarchie, ein gigantischer Mikrokosmos“, und sie ist Menschenwerk: „eine Anhäufung all dessen, was die Menschen im Laufe der Jahrhunderte geschaffen haben“.[10] Karin Wilhelm definiert die Stadt als ein heterogenes Beziehungsgeflecht mit „Zentren, Peripherien und regionalen Einbindungen, in denen sich die Bewohner in unterschiedlichen Rhythmen und Bedürfnislagen bewegen“[11].

Stadtdefinitionen haben stets die Stadt als Ganzes im Blick, und nur als das Ganze ihrer Teile, das insgesamt mehr ist als lediglich ihre Summe, ist sie als Gesellschaftsform denkbar. Der französische Stadtanthropologe Alain Hayot kritisiert daher reduktionistische Perspektiven, wie etwa auch die Stadtteilsbezeichnung „banlieue“, als unzulängliche Verallgemeinerung. Als lebensweltliche Räume sind Stadtteile, auch die Vorstadt, stets weitaus differenzierter und komplexer zu denken und zu beschreiben als es das Bau- und Planungsmodell in seiner Uniformität nahelegt.[12] Der gleichförmige Anschein des Gebauten, wie im Falle von Satellitenstädten und Hochhaussiedlungen, suggeriert eine Vogelperspektive, die der Vorurteilsbildung Vorschub leistet. Um die Genese des Stigmas und die hinter ihm stehende Entpolitisierung des Sozialen zu erkennen, lohnt es, einen Blick auf die Vielfalt der unterschiedlichen sozialen, gelebten und gebauten Räume zu werfen, die der Begriff der Vorstadt zu bezeichnen imstande ist. Ein hier nur kursorischer, transnationaler Streifzug soll einige Aspekte beleuchten.

Kurze Geschichte der Vorstadtentwicklung

Mittelalter: Vor den Toren der Stadt

Die Vorstadt bezeichnet im Deutschen vom frühen Mittelalter bis zur Moderne die historische, bauliche und rechtliche Wohn- und Arbeitssituation vor den (einstigen) Toren der Stadt, außerhalb ihrer Grenzen und ihres Schutzes. Bis in die Gegenwart hinein bleibt der Begriff Vorstadt durch diese soziale wie topografische Situation gefärbt und konnotiert. Am Anfang der vormodernen Vorstadtbildung – seit dem Hochmittelalter – steht die Expansion einer Stadt, der es innerhalb ihrer Schutzmauern zu eng wird. Vor den Toren der Europäischen Stadt[13] siedeln Gewerbe, häufig solche, die für die Innenstädte gefährlich oder belästigend waren, wie Schmiede und Schnapsbrenner, Abdecker, Gerber und Schlachter. Arme und Kranke bleiben vor den Toren ebenso wie von außen kommende Zuwanderer und Zuwandererinnen. Auch Kolonien bilden sich, wie Maskavas forštate, die Moskauer Vorstadt am Stadtrand von Riga, die seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts Ansiedlungsort russischer ImmigrantInnen ist.

In der Vorstadt werden Wohnungen und Arbeitsstätten errichtet und Versorgungseinrichtungen geschaffen, die jede wachsende Stadt benötigt: Wagner, Bäcker und Wirte, Fuhrleute, Sattler und Schuhmacher. Was der Historiker Rudolf Suter für die Basler Aeschenvorstadt aus Quellen rekonstruiert, mag auch für andere Orte gelten, wie etwa die Kieler Vorstadt, die Münchener Maxvorstadt, die östliche Bremer Vorstadt, die Berliner Oranienburger Vorstadt oder auch Alsergrund und Ottakring in Wien: „Die Vorstadtbewohner hatten gegenüber den übrigen Stadtbewohnern eine gewisse Sonderstellung insofern, als sie für die hygienischen Einrichtungen, für die Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung selbst verantwortlich waren.“ Mit zunehmendem Wohlstand wuchs ihr Gewicht; sie gründeten eigene „Vorstadtgesellschaften“, erfochten eine eigene Gerichtsbarkeit, sorgten für die Unratsabfuhr, die Krankenversorgung u.a.m.[14]

Mit zunehmender Dichte der Vorstädte stieg die Schutzbedürftigkeit ihrer BewohnerInnen, sodass häufig, wie im Osten der Stadt Basel in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts, eine zweite Umwallung mit schützenden Mauern errichtet wurde, die sie vor dem Expansionsdrang der Österreicher schützen sollte[15]. Andernorts wurden neben Mauern auch provisorische Begrenzungen zum Schutz errichtet wie Zäune und Gräben, Glacis, Wälle oder Deiche. Die Vorstädte entstanden zunächst im Umkreis der sogenannten Bannmeile (frz. banlieue), die die Städte umgab. Das Banngebiet war ein Rechtsraum, der sich über das stadtherrschaftliche Hoheitsgebiet erstreckte und den die Stadt umgebenden Wirtschaftsraum mit eigener „Marktgerechtigkeit“ sicherte.[16] Sie wurde durch den Bannwart observiert, der beim jährlichen Flurumgang diese Grenzen symbolisch absteckte oder weihte[17]. Die rechtliche Gleichstellung der Vorstädte erfolgte oft erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts, wenn im Zuge von Zuwanderung und Sanierung die Stadtmauern geschleift wurden.

Beginnende Moderne: Die offene Stadt

Die Zerstörung der mittelalterlichen Ummantelungen ist ein entscheidender Schritt der Stadt in die Moderne. Unter dem Einfluss und Druck der Industrialisierung und des starken Zuzugs von Arbeitskräften, aber auch weil sie sich, im Zuge der Nationalstaatenbildung, zunehmend sicher vor feindlichen Herrschaftsinteressen wähnt, wird sie zu einer offenen Stadt und damit zu einem Hoffnungsbild, dass sich gegen Ende des 20. Jahrhunderts zu einem kosmopolitischen Ideal formen sollte[18]. Die modernen Stadtexpansionen und -öffnungen waren für die Stadtgesellschaft/en stets in hohem Maße ambivalente Prozesse, bei denen Expansion, Inklusion, Fortschritt und Aufstieg mit Aggression, Exklusion, Abstieg und Destruktion Hand in Hand gingen. Der moderne Stadtumbau, der in den Kernstädten Abriss, Sanierung, Verschönerung, Zivilität und Neubau mit sich brachte, führte in vielen Städten – beispielhaft in Paris, Berlin, Wien und Prag – zur Vertreibung der armen Bevölkerung an die Stadtränder[19].

Doch es waren nicht nur die Armen, die Obdachlosen und Aussätzigen, die im Zuge der modernen Stadtentwicklungsprozesse an den Randlagen siedelten bzw. hierhin deportiert wurden, wie Henri Lefebvre die Drastik des Geschehens beim Namen nennt[20]. Auch die „Modernisierungsgewinner“, wohlhabende Kaufleute, Beamte und Angestellte, Bankiers und Unternehmer verlegten ihre Wohnungen vom Kern an den Rand; wo nicht schon längst Villegiaturen üblich waren, bauten sie Häuser an den Stadträndern, in Höhenlagen, um den Ausdünstungen der Stadt zu entkommen, und wurden meist innerhalb weniger Jahre von der rasanten Stadtentwicklung eingeholt. Jani Pietsch, die sich auf die Spuren des „verwalteten Verschwindens“ der einstigen jüdischen Nachbarn im Ost-Berliner Vorort Schöneiche begeben hat, schildert die Entwicklung des Ortes seit dem Ende des 19. Jahrhunderts durch die Randwanderung von Berliner mittelständischen Familien, Handwerkern, Pensionisten und weniger Begüterten, die in Pachtgärten Gemüse anbauten[21].

Vorstadtentwicklungen in der Moderne verlaufen in vielfältiger Weise vor dem Hintergrund je unterschiedlicher Expansionsgründe. Ihre Genealogie folgt nicht nur den Ausdehnungsimperativen des Platzmangels, sondern stets zugleich dem Lockruf der Grundrente, der Ansiedlung von Industriebetrieben mit den sie umgebenden Arbeitersiedlungen, den Marktkonjunkturen der Zu- oder Abwanderung, den Gesetzen des Generationenwechsels, die Umbau, Abriss und Neugestaltungen mit sich bringen. Sie ahmt auch die alten Oberschichtsusancen der Sommerresidenzen im erreichbaren Grünen nach. Die Vorstadtentwicklungen der Moderne schaffen einen neuen Typus von Freizeitbehausungen für Unter- und Mittelschichten, der nach einer ersten Phase der Industrialisierung von Beginn bis Mitte des 20. Jahrhunderts an den Rändern großer Städte entstand. Der Volkskundler Horst Brockhoff beschreibt die Genese der sogenannten Heidehütten an den Rändern von Hamburg[22], die hier als Beispiel dienen sollen. In der Lüneburger Heide, die sich seit den 1890er Jahren zu einer touristisch attraktiven Region entwickelte, entstanden Saisonsiedlungen von Freizeithäusern [23]. Der Verkauf von unrentabel gewordenem Land durch die umliegenden Bauernhöfe befriedigte die wachsende Bedürfnisse der städtischen Unter- und Mittelschichten und kam ihren neuen Möglichkeiten entgegen, Freizeit auf dem Land zu verbringen. Es entstanden kleine Holzfachwerkhäuser als Wochenenddomizile, zunächst selbst errichtete Schutz- oder Blockhütten ohne Baugenehmigung, die nach und nach ausgebaut wurden und für Einfachheit und Naturnähe standen[24]. Die wohlhabenderen Besitzer erstellten bereits Steinhäuser.[25] Seit den 1920er Jahren dehnte sich der Landaufenthalt auf die gesamte Sommerzeit aus und der Familienernährer pendelte zwischen Stadt und Heidehütte[26]; Sonne, Licht und Luft, Gesundheits- und Naturbewegungen waren zeitgleiche Erscheinungen, die die Entwicklung begünstigten[27]. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickeln sich die Häuschen zunächst – für die Generation ihrer ErbauerInnen – zu Ruhestandssitzen und für deren Kinder bereits zu Dauerwohnsitzen; die Stadt dehnte sich aus, holte die einstigen Heidehäuser ein und verwandelte sie in Vorstadthäuser[28].

Der französische Ethnologe Marc Abélès beschreibt eine ähnliche Vorstadtentwicklung für die spanische Stadt Sevilla seit den 1960er Jahren. Hier hatte sich eine ganze Sommerhausgemeinde der städtischen Arbeiter- und Angestelltenbevölkerung etabliert. Im Rahmen einer Immobilienspekulation war ein großes Stück zusammenhängenden Terrains in kleine Bauparzellen gegliedert und zu erschwinglichen Preisen verkauft worden. Die SevillanerInnen, die sich hier Grundbesitz erworben hatten, investierten ihr Erspartes und bauten sich Häuser oder auch zunächst nur Schwimmbäder in Gemeinschafts- und Familienarbeit und mit Nachbarschaftshilfe. Stilistisch und ästhetisch orientierten sich diese selbst erstellten Häuser an historischen, landestypischen, bürgerlichen oder sogar adeligen Wohnformen. Genutzt wurden sie vor allem am Wochenende und in den Ferien. Wie die Hamburger Heidehütten zwanzig Jahre zuvor, entwickelten sich die lotissements am Rand von Sevilla zu Dauerwohnsitzen in einer sich ständig weiter ins Land ausdehnenden Stadt: zuerst als Alterssitz der Erbauergeneration, für die nächste Generation dann als Hauptwohnsitz. Zahlreiche Beispiele dieses Überganges vom Neben- zum Hauptwohnsitz und der urbanistischen Einverleibung von Vororten, Stadtrandsiedlungen, Schrebergärten, Dörfern lassen sich auch in weiteren Ländern finden: Davon zeugen die Bauformen der einstigen Sommerhäuser, Cabanons, Pavillons, Chalets u.a.m., die sich heute in europäischen Stadtrandquartieren finden lassen.

Industriemoderne und Kapitalismus: Die Stunde des städtischen Proletariats

In der kapitalistischen Industriemoderne wird die Vorstadt im Verhältnis zur Kernstadt eine Heterotopie, in dem von Henri Lefebvre gemeinten Sinn, der die gegenseitige Bedingtheit und Artikulation von Materiellem und Politischem im Blick hat[29], aber auch im Sinne von Michel Foucault, der diesen Begriff als utopisches Gegenstück, als „Gegenplatzierung“ definiert[30]. Vorstädte waren bis zum Spätmittelalter in Europa Orte von Handel und Verkehr, der Außenbeziehungen und Versorgung. Dadurch erhielten sie eine wirtschaftliche Bedeutung und Marktmacht, von der die ummantelte Stadt, die Recht und Schutz und hieran geknüpfte Abhängigkeiten bot, profitierte, die aber zugleich Konkurrenz bedeutete[31]. „Flecken und Vorstädte“, schildert Lefebvre am Beispiel der Stadt Paris, „die anfänglich Handelsplätze und handwerkliche Gemeinwesen waren: Beaubourg, Saint-Antoine, Saint-Honoré, werden zu Mittelpunkten, die der im eigentlichen Sinn politischen Gewalt“ der zentralen staatlichen Institutionen und ihrer bürgerlichen Vertreter „Einfluss, Ansehen und Raum streitig machen, sie zu Kompromissen zwingen und mit ihr gemeinsam eine machtvolle Stadteinheit schaffen“.[32] Dass die Vorstadt historisch eine wirtschaftliche und die Kernstadt eine politische Bedeutung hat, ändert sich mit Aufklärung, Revolution und Verkündung von Freiheit und Gleichheit aller Bürger. Die Pariser Vorstädte beziehungsweise Faubourgs – der Begriff der Banlieue kam erst mit dem Haussmann‘schen Stadtumbau in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf –,  die sich seit dem 16. Jahrhundert herausgebildet hatten, färben sich im Laufe des 19. Jahrhunderts politisch rot und künden einen sozialen Kampf an; ihre Erhebung findet einen ersten Höhepunkt 1871 in Aufstand und Verkündung der Pariser Commune, der von März bis Mai 1871 währenden Revolutionsregierung[33], die weitreichende Folgen haben sollte und andere Orte in Europa ansteckte. Diese „Infektionen“, eine Nebenwirkung der an die Stadtränder „deportierten“ Unterklasse der Fabrikbelegschaften, Mittellosen, Zuwanderer, waren in den mithilfe großer Bankiersfamilien[34] frisch und prachtvoll umgebauten Stadtzentren gefürchtet. Der steinige Weg von der städtebaulichen in eine demokratische Moderne ist von sozialen Raumkämpfen gepflastert[35] und legt auch den Grundstein zu den gewaltsamen Konflikten in den französischen Banlieues im 20. und 21. Jahrhundert. Der von Henri Lefebvre so bezeichnete „Stadtguerillakrieg“ hat die „Revolution der Städte“ in der sozial wieder absteigenden Spätmoderne längst eingeläutet[36]; an den Stadträndern wird er virulent.

Nach dem Ersten Weltkrieg: Demokratisches Bauen

Nach den, in die mitteleuropäischen Vorstädte getragenen Ausläufern der von der Commune und den Werken von Karl Marx inspirierten russischen Revolution 1917 war der Umbau der feudalen in eine sozialistische und demokratische Gesellschaft nicht mehr aufzuhalten. Dringende Maßnahmen zu einer sozialen Befriedung, zu politischer Partizipation, sozialpolitischen Werken und materieller Teilhabe waren erforderlich. Da bauliche und soziale Entwicklungen stets Hand in Hand gehen, stehen die Architekturmoderne, das Neue Bauen, die neuen Wohnmodelle seit den 1920er Jahren in markanter Weise für diese Versuche einer Gesellschaftsreform. In Berlin, Warschau, Prag, Stuttgart, Bratislava oder Wien kann man die neuen, zum Teil genossenschaftlich organisierten Wohnsiedlungen noch heute besichtigen: etwa die Stuttgarter Weißenhofsiedlung, die seit 1927 durch den Deutschen Werkbund unter der Leitung von Ludwig Mies van der Rohe entstand, die von Jan Kotěra auf Initiative von Tomáš und Jan Antonín Bat’a gegründete Modellstadt Zlín im Norden von Bratislava, die Siemensstadt und die Weiße Stadt in Berlin oder die zwischen 1925 und 1939 erstellte Wohnbaugenossenschaft Żoliborz im Norden von Warschau[37]. Hinzu kamen Gartenstädte, Bergmanns- und Hüttensiedlungen, Backstein-Reihenhäuschen u.a.m. als neue Wohnformen für verschiedene soziale Gruppen an je spezifischen geografischen Orten.

Nachkriegsmoderne: Aufstieg und Fall der Vorstadt, der Ban Lieue

Den demokratisch gedachten modernen Wohnmodellen lag die funktionalistische Trennung der Lebensbereiche in Wohnen und Freizeit auf der grünen und gesunden Außenseite der Stadt sowie Arbeiten und Einkaufen auf der Stadtinnenseite zugrunde. Die vom Schweizer Architekten Le Corbusier 1923 publizierten Prinzipien der modernen Architektur und ihre ersten Umsetzungen begannen gerade, Schule zu machen[38], als sich der große Schnitt in der beginnenden Demokratisierung, das Drama des Zweiten Weltkriegs, ankündigte. Ihm fiel ein großer Teil der europäischen Bevölkerung zum Opfer. Städte wurden großflächig zerstört und eine Völkerwanderung von kaum ermesslichem Ausmaß setzte ein. „Vertriebene“, Geflüchtete und Verjagte waren wie viele der überlebenden StadtbewohnerInnen obdachlos geworden. Die große Wohnungsnot der Nachkriegszeit dauerte bis in die 1970er Jahre.

Die Kriegszerstörungen veranlassten viele junge Männer, den Beruf des Architekten oder Planers zu ergreifen, um am Aufbau nicht nur der zum Leben notwendigen Behausungen mitzuwirken, sondern auch, um mit neuem Bauen eine neue Gesellschaft mit zu gestalten, die Krieg, Rassismus und Totalitarismus hinter sich lassen kann. Der Slogan „Neue Wohnungen für neue Menschen“ markierte einen idealistischen Aufbaudiskurs, der versuchte, den nach 1945 weiter bestehenden, noch immer weiträumig angebräunten Heimatstil (‚Wir sitzen wie Adolf Hitler auf dem Obersalzberg in Trachtenjacke unter dem Walmdach auf der Geranien beblühten Holzveranda und schauen auf die Berge‘) zu übertönen. Provokative Stimmen, wie die von Le Corbusier, Max Frisch, Markus Kutter und Lucius Burckhardt, empfahlen, gleich ganze Städte abzureißen (wie Paris oder Basel) und neue zu bauen[39].

Auch das Modell der exzessiven Vorstadtbildung in US-amerikanischen Städten[40] fand in den alten europäischen Städten einen, wenn auch gemäßigten, Niederschlag. Die laute fordistische Stadt der Nachkriegsmoderne, ihre „Enge, Hektik, Lärm und Dreck“, die „von den Ideen ökonomischer Effektivität, automobiler Funktionalität und architektonischer Radikalität“ geprägt war, verbannte „das Leben an die Ränder.“[41] Im Osten wie im Westen Europas schaffte der Wirtschaftsaufschwung der Nachkriegsjahrzehnte erste Wohnbehelfe in den Innenstädten, während die Armensiedlungen an den Stadträndern „geschleift“ wurden: Baracken, Elendsviertel, Bidonvilles wurden abgerissen und durch funktionale Neubauten ersetzt. Man knüpfte an die Architekturmoderne und ihre funktionalistischen Wohnmodelle vor dem Zweiten Weltkrieg an, und an die demokratische und kommunitäre Tradition des modernen Wohnungsbaus. Die 1933 durch den CIAM in Athen verabschiedete und 1943 von Le Corbusier als Buch publizierte Charta von Athen wurde zum Kanon einer Generation von ArchitektInnen.[42] Die Charta plädiert vor dem Hintergrund städtischer Raumnot für eine „Höhenausdehnung“ des Bauens, für eine Architektur, die den menschlichen Bedürfnissen und den Erfordernissen von Wohnen, Arbeit, Erholung und Verkehr entspricht, die gemeinschaftliches Handeln und die Freiheit der Persönlichkeit respektiert und kapitalistische Interessen staatlich kontrolliert. Zentrale Punkte besagen: „Die Stadt muss im Zusammenhang mit ihrer gesamten Einflusssphäre untersucht werden. Eine den ganzen Umraum der Stadt umfassende Planung hat die einfache Stadtplanung zu ersetzen. Die Grenze des zur Stadt gehörigen Umraumes ergibt sich so als Funktion ihrer wirtschaftlichen Reichweite.“ (§ 83) Die Stadt muss als funktionale Einheit begriffen werden (§ 84), und das „Privatinteresse muss dem Gemeinschaftsinteresse untergeordnet werden.“ (§ 95)[43]

Die prometheische Hoffnung der modernen Architektur, mit neuen Siedlungen neue Menschen zu schaffen, vermählte sich mit der Sehnsucht der Nachkriegsgesellschaft nach Geschichtslosigkeit, dem Wunsch, die entsetzliche Vergangenheit des Faschismus, an der man aktiv oder passiv beteiligt war, hinter sich zu lassen: Die neue Zeit versprach „Freiheit, Bequemlichkeit, Schönheit und Modernität“[44]. Vor den Toren der Großstadt Paris, die seit den 1950er Jahren die aus den befreiten Kolonien flüchtende maghrebinisch-französische Bevölkerung aufnehmen musste, errichtete man acht neue Städte in futuristischem Kleid und mit eigenen Zentren und Infrastrukturen: Evry, Saint Quentin en Yvelines, Melun-Sénart, Cergy-Pontoise und Marne-la-Vallée. Nicht als Schlafstädte waren die neuen Hochhaussiedlungen gedacht, sondern für Wohnen und Arbeiten, Freizeit und Konsum, neue Zentren sollten sich hier herausbilden. In diesen materialistischen Konzeptionen taucht erneut der Begriff der „offenen Stadt“ auf[45], im Sinne einer geschichtslosen Stadt, in der für jeden und für jede Chancengleichheit herrschen und kein eingesessenes Bürgertum, keine geschlossenen Zünfte über den Zutritt neuer BewohnerInnen und Gewerbe gebieten. Die villes nouvelles (Trabantenstädte) der Ära de Gaulle waren nur eine von drei Varianten an Vorstadtsiedlungstypen, die nach dem Krieg um Frankreichs Großstädte herum errichtet wurden: Zunächst lebten wohnungslose ZuwandererInnen, IndustriearbeiterInnen und mittellose Ansässige in den Blechcontainern der sogenannten bidonvilles (Blechtonnenstädte), waren in Wohnwagensiedlungen an den Stadträndern und im Umfeld von Industrieansiedlungen notdürftig untergebracht. Ab Mitte der 1950er Jahre dann entstand der soziale Wohnungsbau, der in allen französischen Städten die sogenannten HLM-Siedlungen (Sozialwohnungsbau: HLM = habitations à loyer modéré) mit günstigen Mietwohnungen errichtete.

Villes nouvelles und HLM setzten gemäß dem nationalen Richtplan von 1965 “der anarchischen Siedlungsentwicklung in den Peripherien“, eine „polyzentrische Ordnung“ entgegen[46]. Sozialwohnungen dieses Typs finden sich ab den 1960er Jahren in nahezu allen süd-, nord-, ost-, westeuropäischen und mediterranen Städten. An den Stadträndern von Bitterfeld und Vilnius, von Tampere, Saarbrücken, Brüssel, Helsinki, Warschau, Riga, Split, Istanbul, Liverpool, San Sebastian und Odessa entstehen neue Vororte. Wir können uns aus heutiger Perspektive zu Recht fragen, ob ihren BewohnerInnen, gleich denen der mittelalterlichen Vorstadt, nicht die gleichen „Rechte auf Stadt“[47] wie den InnenstadtbewohnerInnen versagt worden sind. Erneut ging es um die Befriedung der Mittellosen und Enteigneten; das Materielle und der Konsum suggerierten Teilhabe und übertönten und depolitisierten zugleich die eigentliche soziale Diskriminierung[48]. Diesem zwingenden Ausschluss steht zeitgleich die von Walter Siebel treffend charakterisierte „Selbstausgrenzung“ des Mittelstandes[49] gegenüber, der an die bürgerliche Tradition des Landhauses anknüpft und an den leistbaren Stadtrand in ein eigenes Haus mit Garten flüchtet.

Die neuen Wohnmodelle, die zunächst für breite Schichten und soziale Vielfalt gedacht waren, wurden gelobt und kritisiert[50]; viele haben sich als erfolgreich erwiesen, andere sind gescheitert. Kein Ort ist hier verallgemeinerbar und Exkludierung nicht allein auf die Architektur rückführbar. Die erste Wohngeneration begrüßte Komfort und Sauberkeit der günstigen Wohnungen; viele hatten erstmals Wohnungen mit fließendem und warmem Wasser, mit modernen Badezimmern und Küchen, Toiletten mit Wasserspülungen. Viele aus Intelligenzija und Mittelstand kritisierten die Hochhausbauten als dirigistische Modelle einer autoritären zentralistischen Raumplanung und verunglimpften ihre konformistische Ästhetik[51], der „Isolation und Langeweile“ anhafte[52]. Die Monumentalität der Siedlungen, schrieb der marxistische Stadttheoretiker der ersten Stunde, Henri Lefebvre, sei ihrem „Wesen nach repressiv“: „Es war das Unglück der Architektur, dass sie Monumente erstellen wollte, und dass Behausungen entweder Monumenten nachgebildet oder aber vernachlässigt wurden. Versucht man aber, Behausungen zu Monumenten zu machen, dann ist das immer eine Katastrophe […].“[53] Andere Stimmen wiederum, mit dem gleichen Klassenhintergrund, zogen aus Solidarität mit der Arbeiterklasse in die Hochhäuser, um – ganz im Geiste der Charta von Athen – gemeinsam eine neue Gesellschaft mit zukunftsgerichteten paritätischen Wohnformen mitzugestalten. Der Architekt und Schriftsteller Max Frisch zog damals ins Lochergut, die seinerzeit einzige Hochhaussiedlung Zürichs – aus feuerpolizeilichen Gründen durfte in der Schweiz lange Zeit nur sechs Stockwerke hoch gebaut werden; der Architekturtheoretiker und Philosoph Jean-François Augoyard zog zur gleichen Zeit in den Arlequin, den neuen Hochhauskomplex in Grenoble. Viele Siedlungen, zum Beispiel in Brüssel, Turku, Genf oder Marseille, waren daher von Anfang an sozial gemischt und zeichnen sich – die gelungeneren Bauten – bis heute durch eine hohe Wohnzufriedenheit aus[54].

Die KritikerInnen verleumdeten Le Corbusiers „Wohnmaschine“ als unrealistische Patin eines inhumanen Massenwohnbaus, und die von ihm mitbegründete CIAM, die 1929 in La Sarraz in der Schweiz ins Leben gerufene Congrès Internationaux de l’Architecture Moderne, distanzierte sich davon ausdrücklich. Zurecht, denn von den innovativen, detailreich sozial, bauklimatisch und ästhetisch durchdachten Pioniermodellen von Le Corbusier, Walter Gropius, Max Taut und vielen anderen wurden meist billige Betonbauten als Repliken von kurzlebiger Qualität angefertigt, denen aus den ökonomischen Gründen der fehlenden Rentabilität und den gesellschaftlichen Gründen der unerwünschten Teilhabe ihrer BewohnerInnen weder die notwendigen regelmäßigen Renovierungen und der Erhalt der sozialen Infrastrukturen noch funktionierende Verkehrsanschlüsse an Stadtzentren und zentrale Einrichtungen und die Berücksichtigung der Bedürfnisse der BewohnerInnenschaft zu Teil wurden. Auch der große Pierre Sansot prangert an einer Grazer Architekturtagung zu Beginn der 1990er Jahre nicht ohne Pathos die „seelenlose Funktionalität“ der funktionalistischen Stadtmodelle an: „Wenn wir aber wollen, daß uns eine Stadt in den Lauf der Geschichte einbezieht, daß sie innerhalb ihrer Mauern die Spuren unserer Leidenschaften trägt und daß sie ein Teil von uns ist; wenn sie uns helfen soll, unseren eigenen, innersten Weg zu gehen und wenn sie die Macht besitzen soll, uns abwechselnd glücklich zu machen, zu überraschen oder qualvoll zu enttäuschen, so besitzen die Villes Nouvelles diese Fähigkeiten nicht“ – denn in ihnen, so Sansot, schweige die Geschichte.[55]

Wer Originalbauten von Alvar Aalto, Walter Gropius oder Le Corbusier besichtigt, erkennt, dass das Scheitern der modernen Hochhausarchitektur Gründe jenseits der Bauform aufweist. Le Corbusiers Unité d’Habitation in Marseille, einst am Stadtrand errichtet, nun ins Zentrum vorgerückt und seit Juli 2016 mit dem übrigen Werk des (durchaus weltanschaulich nicht unbefleckten) Architekten als Weltkulturerbe geschützt, präsentiert sich nach umfassenden Renovierungsarbeiten in der ursprünglichen Absicht des Neuen Bauens: mit Kindergarten, Schwimmbecken, Theater, Sport- und Gemeinschaftssaal auf dem Dach mit umwerfender Rundsicht auf die Hügel der alten plurikulturellen Mittelmeerhafenstadt. Im siebten und achten Stockwerk des zwölfstockigen Gebäudes befinden sich Einkaufsläden für den täglichen Bedarf, Wäscherei, ein Hotel und Restaurant. Die 337 zweistöckigen, lichten und doch sonnen- und windgeschützten Wohnungen mit paritätischen Grundrissen öffnen sich mit großen Türen auf breite kommunikative Korridore. Farbgebung und Form jedes noch so kleinen Details sind aufeinander abgestimmt. Ein Modell – ich gebe meine (bürgerliche?) Begeisterung zu – dessen Nachbau kostspielig gewesen wäre und sich doch gesellschaftlich gelohnt hätte.

Gegenwart: Die Konstruktion der „gefährlichen Vorstädte“

Eine Stadt entwickelt sich über größere historische Zeiträume und leitet stark unsere Vorstellungen von einer gleichsam zwangsläufigen, ‚natürlichen‘  Prozesshaftigkeit. Die einst utopisch gedachte „Wohnmaschine“ steht im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts als „Monument unserer Epoche“[56] an den städtischen Peripherien. Vielerorts sind diese Siedlungen zu heterotopischen Unorten geworden, ökonomisch uninteressant, sozial stigmatisiert und nachhaltig exkludierend. Sie eignen sich zur greifbaren und sichtbaren Projektion des Bösen – sie sind wie das „Horla“, die von Guy de Maupassant erfundene, imaginäre Romanfigur, die allein als Verkörperung der Angst des Romanhelden existierte: „On a vraiment peur que ce qu’on ne comprend pas“ („Vor dem, was man nicht versteht, hat man wirklich Angst.“) Denis la Mache, Stadtanthropologe und Autor einer wichtigen Studie zu HLM’s am Stadtrand von Tours, rekurriert auf diese Figur, um die Irrationalität der Angstprojektionen zu veranschaulichen, mit denen die StadtbewohnerInnen „Unsicherheit“, „Gewalt“ und „Delinquenz“ als gesellschaftliche Zustände und Ereignisse auf die Stadtrandsiedlungen projizieren.[57] Seit den 1980er Jahren machen die in Frankreich in regelmäßigen Abständen und nie grundlos aufkommenden Jugendrevolten auf soziale Probleme und Versäumnisse aufmerksam, die allzu leicht auf die Grundform der Bauten reduziert werden: Gebäude mit über zwanzig Stockwerken, kleinen überfüllten dünnwandigen Wohnungen mit zahlreichen Mängeln, in denen zu viele und zu dicht beinander lebende Familien mit unterschiedlichen Interessen, sozialen Hintergründen und Schicksalen leben; öde vernachlässigte Umgebungen ohne Infrastrukturen, die Akte der Geselligkeit im öffentlichen Raum ermöglichen würden. Seit den 1980er Jahren werden die Gebäude – europaweit – abgerissen, ihr Scheitern schien besiegelt, und damit wurden – paradoxerweise – über Jahrzehnte entstandene Wohn- und Lebenszusammenhänge erneut zerstört[58]. Die Wohlhabenderen werden in ökonomisch lohnendere Siedlungen disloziert, die Deprivierten stehen erneut auf der Straße.

Das Stigma der Hochhaussiedlungen dagegen bleibt bestehen und wirksam, auch wenn inzwischen in vielen Ländern ethnographische Studien vorliegen, die die Diversität und „Normalität“ der hier lebenden BewohnerInnen und ihrer Lebenswelten belegen[59]. In der Medienberichterstattung der Gegenwart[60], um ein aktuelles Beispiel anzuführen, wird der wohnbiographische Sozialisationshintergrund französischer jihadistischer Selbstmordkrieger, die in der Banlieue aufwuchsen, als typischer milieuspezifischer Täterhintergrund angeführt. Die Banlieues bleiben Nicht-Stadt, Nicht-Gesellschaft, ein Tentakel mehr – wiederum auf Augés Bild der Stadt Bezug nehmend, die nur ganze Stadt sein kann – bleibt abgeschnitten. Die Vorstadt der sogenannten Großwohnsiedlungen ist nur der Vorwand für die Entrechtung der Unerwünschten und Teil der gesellschaftlichen Prozesse der Entpolitisierung des Sozialen, auf die die französische Stadtanthropologin Monique Selim seit vielen Jahren mit Nachdruck verweist[61]. „Die Fragmentierung der Beherrschten war schon immer die effektivste Form der Sicherung von Herrschaft“, schreibt Walter Siebel über die SiedlungsbewohnerInnen, denen eine nationalstaatliche Identität als politisches Subjekt längst abgesprochen werde und die „den Status bloßer Objekte von Moral und Fürsorge“ und Polizeigewalt zugeteilt bekämen.[62] Der französische Anthropologe Didier Fassin spricht vor dem Hintergrund seiner Ethnografie der Einsätze staatlicher Polizeibrigaden in den Vororten von der „Konstruktion der gefährlichen Vorstadt“ und einer Produktion von Problemvierteln in Frankreich.[63]

Ebenso wie die Vorstadt der hübschen Haussiedlungen, wo – wie die Wahlerfolge der extremen Rechtsparteien in den letzten Jahren zeigen – „der Rassismus und die gesellschaftliche Rigidität und restriktive Moralität […] das Potenzial an Freiheit überwuchern, das historisch immer mit der Stadt verbunden war“[64], waren und sind die Großwohnsiedlungen nach wie vor Orte eines investment urbanism[65]. Sie sind Orte der Gemengelage von Grundstücksspekulation, Unternehmerförderung, Sozialpolitik (Wohnbeihilfen, Bausparverträge), parteipolitischen Wahlinteressen und narzisstischen Ambitionen von Architekten und Politikern, mit Kreditzinsen undurchsichtig operierenden Banken, ideologisch gewünschten und ökonomisch unrealistischen Hauseigentumswünschen[66]. Diese Situationen müssen erkannt und öffentlich diskutiert werden; und sie müssen analytisch entflochten werden, um das angstbesetzte ominöse „Horla“ der Banlieue als politische Interessenkoalition zu erkennen und zu bekämpfen.

Auch Vertreter der Idee einer Europäischen Stadt als traditionell ummauertes und umfriedetes politischen Gebilde[67] beteiligen sich theoretisch an einer ideologischen Konstruktion, die die sprießende „Amöbe des urban sprawl“ als ‚unnatürlichen‘ Auswuchs der Moderne dastehen lässt.[68] Dem gegenüber stehen VerfechterInnen der Zwischenstadtidee, die mit der Agglomeration etwas historisch Neues entstehen sehen, dem in Begriffen der Stadtentwicklung Rechnung getragen werden muss und das, losgelöst vom alten Urbanitätsgedanken, der Größe, Vielfalt, Dichte als Vision des wohlhabenden Mittelstandes fokussiert, betrachtet werden muss. Dem dringenden Appell, den die Architekturtheoretiker Thomas Sieverts und Achim Hahn seit vielen Jahren an die Gesellschaft richten, kommt nach wie vor nicht – auch nicht in der Urban Anthropology – die gebührende Berücksichtigung zu: Die Zukunft der Europäischen Stadt wird im Engagement für die Zwischenstadt liegen![69] Dass die moderne Vorstadt- und Agglomerationsentwicklung in der ganzen Vielfalt ihrer Bau- und Wohnentwicklung auch „eine alternative Form von Urbanität“ ermöglichen könnte, ist im wissenschaftlichen Diskurs wenig präsent[70]. Eine Form von Urbanität könnte dies sein, so projiziert Peter Marcuse, „die erwünscht ist, eine, die der Dominanz des Marktes, des manipulierten Konsumstrebens, dem vorherrschenden defensiven Verharren auf Grundbesitz und Kontrolle des Ortes entgegenwirkt“[71]. Höchste Zeit ist es, die Stadtränder ins Zentrum der wissenschaftlichen, politischen und raumplanerischen Aufmerksamkeit zu rücken. Denn je stärker, wie es in der Gegenwart der Fall ist, Stadtzentren zu symbolischen und strategischen „Orten gelungener Urbanität“[72] und auf die gesellschaftliche Mitte reduzierten Selbstdarstellung hin gebaut, gestaltet, belebt und kontrolliert werden, desto randständiger wird der Stadtrand, und die Zentren verspielen ihre Aufgabe als Orte des Politischen.



[1] Louis Wirth: Urbanism as a Way of Life. In: American Journal of Sociology 44 (1938), 1-24.

[2] Vgl. Karin Wilhelm: Verlischt die Stadt in der Peripherie? In: Dies., Gregor Langenbrinck (Hg.), City-Lights. Zentren Peripherien, Regionen. Interdisziplinäre Positionen für eine urbane Kultur. Wien 2002, 15-29, 16.

[3] Vgl. Detlev Ipsen: Städte zwischen Innen und Außen. Randbemerkungen. In: Johanna Rolshoven (Hg.), Hexen, Wiedergänger, Sans-Papiers… Kulturtheoretische Reflexionen zu den Rändern des sozialen Raumes. Marburg 2003, 37-49.

[4] Heinz Schilling: Kleinbürger. Mentalität und Lebensstil. Frankfurt/M. u.a. 2003, 15.

[5] Hartmut Häussermann, Walter Siebel (Hg.): Neue Urbanität. Frankfurt/M. 1987, 7.

[6] Alain Hayot: Pour une anthropologie de la ville et dans la ville: question de méthodes. In: Revue européenne des migrations internationales 18, 3 (2002), 93-105, 97.

[7] Hélène Cixous: Aus dem Schicksal führt kein Weg heraus. In: Der Standard vom 21. April 2014, 1-4, 2.

[8] Wolfgang Kaschuba: Kampfzone Stadtmitte: Wem gehört die City? In: Forum Stadt 4 (2014), 357-375, 357.

[9] Beate Binder: „Heimat“ Berlin? Einige Überlegungen zur Produktion von Ortsbezogenheit als Ziel stadtentwicklungspolitischer Maßnahmen. In: Kulturation. Online Journal für Kultur, Wissenschaft und Politik 18 (2015), Jg. 38 (13), 1-4, 1.

[10] Marc Augé: Pour une anthropologie des mondes contemporains. Paris : Flammarion 1994, 158- 159, 161 (Übersetzung d.A.).

[11] Karin Wilhelm: Verlischt die Stadt in der Peripherie? In: Dies. Gregor Langenbrinck (Hg.), City-Lights. Zentren Peripherien, Regionen. Interdisziplinäre Positionen für eine urbane Kultur. Wien 2002, 15-29, 27

[12] Vgl. A. Hayot: Pour une anthropologie de la ville (wie Anm. 7), 99.

[13] Walter Siebel beschreibt die Europäische Stadt als Grundtypus der modernen Stadt. Vgl. Ders. (Hg.): Die Europäische Stadt. Frankfurt/M. 2004.

[14] Vgl. Rudolf Suter: Von der alten zur neuen Aeschenvorstadt. Basel 1991, 9-10.

[15] Vgl. ebd. 9.

[16] Vgl. Werner Meyer: Der Zusammenschluss von Gross- und Kleinbasel im Spätmittelalter. In: Brigitte Meles, Beat von Wartburg (Hg.), Leben in Kleinbasel. 1392 1892 1992. Basel 1992, 12-36, 24.

[17] Die Überreste oder Reanimationen solcher Rituale finden sich auch in der Gegenwart hier und da noch, so im hessischen „Grenzegang“ oder den provenzalischen „rogations“.

[18] Vgl. Johanna Rolshoven: Graz - Offene Stadt? In: Dies., Robin Klengel (Hg.), Offene Stadt. Nischen, Perspektiven, Möglichkeitsräume. Reader zum Studienprojekt Open City. Graz 2014; Stefan Brand: Open City, Closed Space: Metropolitain Aesthetics in American Literature from Brown to DeLillo. In: Tobias Döning et al. (eds): Real. Yearbook of Research in English and American Literature 26 (2010): Transcultural Spaces: Challenges of Urbanity, Ecology, and the Environment, 121-144.

[19] Vgl. Johanna Rolshoven: Die Wegweisung: Züchtigung des Anstössigen oder Die Europäische Stadt als Ort der Sauberkeit, Ordnung und Sicherheit. In: Werner Egli, Ingrid Tomkowiak (Hg.): Intimität. Zürich 2008, 35-58.

[20] Vgl. Henri Lefebvre: Die Revolution der Städte. Frankfurt/M. 1990 [1970], 119.

[21] Jani Pietsch: »Ich besaß einen Garten in Schöneiche bei Berlin«. Das verwaltete Verschwinden jüdischer Nachbarn und ihre schwierige Rückkehr. Frankfurt/M., New York 2006.

[22] Horst Brockhoff: Hütten in der Heide. Anfänge des Freizeitwohnens am Rande der Grossstadt Hamburg. In: Jahrbuch für Hausforschung, Bd. 46. Marburg 1999, 213-249.

[23] Ebd. 217.

[24] Ebd. 220.

[25] Ebd. 227.

[26] Ebd. 230.

[27] Ebd. 232.

[28] Ebd. 239.

[29] Vgl. H. Lefebvre: Die Revolution (wie Anm. 21), 15f.

[30] Vgl. Michel Foucault: Andere Räume (1967). In: Karlheinz Barck (Hg.), Aisthesis. Wahrnehmung heute oder Perspektiven einer anderen Ästhetik. Essais. Leipzig 1993, 34-46. Der Originaltest des espaces autres wurde 1967 geschrieben, aber erst 1984 erstmals publiziert.

[31] H. Lefebvre: Die Revolution (wie Anm. 21), 15.

[32] Ebd. 17.

[33] Vgl. David Harvey: The geopolitics of urban transformation. In: Ders., Paris, capital of modernity. New York, London 2003: Routledge, 293-308.

[34] Die eminente Bedeutung der Bankanleihen durch die Familien Rothschild oder Ephrussi für u.a. den Pariser und den Wiener Stadtumbau des 19. Jahrhunderts wird anschaulich in Frederic de Waals faszinierendem Buch geschildert: Der Hase mit den Bernsteinaugen. Das verborgene Erbe der Familie Ephrussi. Wien 2011.

[35] Am Beispiel von Elend und Aufstand der Wiener Vorstadt zwischen 1870 und 1919 vgl. Wolfgang Maderthaner, Lutz Musner: Die Anarchie der Vorstadt, Das andere Wien um 1900. Frankfurt/M. 1999.

[36] Vgl. H. Lefebvre: Die Revolution (wie Anm. 21), 155f..

[37] Vgl. Roland Tusch: Städtebauliche Strukturen in Warschau. Ein Bild der polnischen Hauptstadt am Beginn des 21. Jahrhunderts. In: dérive 43, 4-6 (2011), 9-14, 11.

[38] Le Corbusier 1923: Vers une architecture. Paris: Crès et Cie sowie sein berühmtes Entwurfsmodell von 1922 La ville contemporaine.

[39] Vgl. Ueli Mäder et al. (Hg.): Raum und Macht. Die Stadt zwischen Vision und Wirklichkeit. Leben und Wirken von Lucius und Annemarie Burckhardt. o.O. [Basel] 2014; Lucius Burckhardt, Markus Kutter: Wir selber bauen unsere Stadt. Ein Hinweis auf die Möglichkeiten staatlicher Baupolitik. Basel 1953; Ders., Max Frisch, Markus Kutter: Die neue Stadt. Beiträge zur Diskussion. Basel 1956.

[40] Vgl. hierzu die Kritik von Lewis Mumford: Vorstädte und Trabanten. In: Ders.: Die Stadt. Geschichte und Ausblick. Teufen 1963 [1961].

[41] Vgl. W. Kaschuba: Kampfzone Stadtmitte (wie Anm. 9), 366.

[42] Vgl. Max Stemshorn: Traum und Trauma. Veränderungen im europäischen Stadtraum. In: Ders. (Hg.), Dreamcity. Die Zukunft der Stadträume. Ostfildern 2001.

[43] Vgl. Le Corbusier: La Charte d’Athènes. Paris 1987 [1943]: Minuit; die deutsche Ausgabe vgl. Ders.: An die Studenten – Die «Charte d‘Athènes». Hamburg: 1962. Die hier zitierten deutschen Formulierungen wurden online am 21.82016 auf www.urban-is.de abgerufen.

[44] Irene Pichler: Der grosse Ent/wurf: Eine polyzentrische Ordnung für eine „anarchische“ Peripherie. In: Dies. (Hg.), Experiment Stadt. Die französischen Villes Nouvelles zwischen Projekt und Bild. Graz 1994, 14-17, 15.

[45] Vgl. Pierre Sansot:  Villes nouvelles : provisorische oder offene Stadt?. In: Irene Pichler (Hg.), Experiment Stadt. Die französischen Villes Nouvelles zwischen Projekt und Bild. Graz 1994, 22-23, 23; Ders.: Narbonne, ville ouverte. Saint Clément 2000: Fata Morgana.

[46] I. Pichler: Ent/wurf (wie Anm. 45), 14f..

[47] Vgl. Henri Lefebvre: Le droit à la ville. Paris 1968; David Harvey: The Right to The City (2003). In: Jan Lin, Christopher Mele (eds.), The Urban Sociology Reader. London, New York 20132, 428-432.

[48] Colette Pétonnet ist es, die mit großer ethnographischer Akribie und ethnographischem Respekt die bis in die feinsten Alltagsverästelungen reichenden Diskriminierungen der HLM-BewohnerInnen durch staatliche Behörden schildert. Vgl. Dies.: Ces gens-là. Paris 1968: Maspero; Dies.: On est tous dans le brouillard. Ethnologie des banlieues. Paris 1979: Galilée.

[49] Vgl. Walter Siebel: Die Kultur der Stadt. Frankfurt/M. 2015, 355.

[50] Prominent als einflussreicher früher Kritiker Alexander Mitscherlich: Die Unwirtlichkeit der Städte. Anstiftung zum Unfrieden. Frankfurt/M. 1965.

[51] Vgl. I. Pichler: Ent/wurf  (wie Anm. 45), 14.

[52] Vgl. Sylvia Ostrowetsky: Villes Neuves, Villes Nouvelles oder „postmoderne Städte“. In: Irene Pichler (Hg.), Experiment Stadt. Die französischen Villes Nouvelles zwischen Projekt und Bild. Graz 1994, 26-29, 29.

[53] H. Lefebvre: Die Revolution (wie Anm. 21), 27.

[54] Vgl. u.a. Noël Jouenne: La vie collective des habitants du Corbusier. Paris: L’Harmattan 2005.

[55] P. Sansot: Villes nouvelles (wie Anm. 46), 23.

[56] Irene Pichler: Einleitung. In: Dies. (Hg.), Experiment Stadt. Die französischen Villes Nouvelles zwischen Projekt und Bild. Graz 1994, 9-13, 10.

[57] Denis La Mache: La conquête de l’espace. Habitat et regards croisés dans un « îlot sensible ». In: Terrain 30, 1 (1998), 139-152, 147; Guy de Maupassant: Le Horla. Paris 1970 [1887]: Lettres Modernes.

[58] Vgl. zu den sozialen Auswirkungen des Abrisses der französischen Bidonvilles in den 1960er Jahren Colette Pétonnet: On est tous dans le brouillard. Paris 2012 [1979, 1985]: Éditions du CTHS; zum Abriss der ersten Hochhausgeneration in England Jane M. Jacobs, Stephen Cairn, Ignaz Strebel: ‚A Tall Storey … but, a Fact Just the Same’. The Red Road High-rise as a Black Box. In: Urban Studies 44, 3 (2007), 609-629.

[59] Z.B. C. Pétonnet: Ces gens-là (wie Anm. 49); Jean-François Augoyard: Pas à pas. Essai sur le cheminement quotidien en milieu urbain. Paris 1979: Seuil ; Denis La Mache: L’Art d’habiter un grand ensemble. Paris 2005: L’Harmattan.

[60] Ich stütze mich auf die online-Berichterstattung französischer, deutscher und englischer Nachrichtenmedien in der Zeit zwischen den Pariser Anschlägen auf die Redaktion von Charlie Hebdo und den Hyper Casher von Mitte Januar 2015 bis Anfang Februar 2015.

[61] Zu diesem wichtigen Thema vgl. z.B. Sybille Frank et al.: Der aktuelle Perspektivenstreit der Stadtsoziologie. In: Leviathan 41. Jg. 2 (2013), 197-223;  Laurent Bazin, Monique Selim: Regards sur l’anthropologie des banlieues en crise. In: Journal des anthropologues 108-109 (2007), 239-247 ; Annie Benveniste, Monique Selim: Terreur ici et ailleurs: Regards anthropologiques ? In: Journal des anthropologues 140-141 (2015), 7-10.

[62] W. Siebel: Die Kultur der Stadt (wie Anm. 50 ), 362-365.

[63] Didier Fassin: Les économies morales revisitées. In: Annales. Histoire, Sciences Sociales 64,6 (2009), 1237-1266.

[64] K. Wilhelm: Verlischt die Stadt? (wie Anm. 2), 19.

[65] Vgl. Ana Vilencia et al.: Stop investorsKom urbanizme. Report from Belgrad Waterfront. In: derive 59, 4-6 (2015), 4-9.

[66] Vgl. Jean-Marie Boyer: Kann man Städte produzieren? In: Irene Pichler (Hg.), Experiment Stadt. Die französischen Villes Nouvelles zwischen Projekt und Bild. 1994, 30-37, 32; Patrick Dunleavy: The Politics of Mass Housing in Britain, 1945-1975: A Study of Corporate Power and Professional Influence in the Welfare State. Oxford 1981: Clarendon Press; Noël Jouenne: La mise en objet dans les immeubles de grande hauteur. In: Gilles Teissonières, Daniel Terrolle (éds.), A la croisée des chemins. Contributions et réflexions épistémologiques en anthropologie urbaine. Paris 2012: Éditions du Croquant, 35-48; Pierre Bourdieu, Margareta Steinrücke, Franz Schultheis (Hg.): Der Einzelne und sein Eigenheim. Hamburg 1998.

[67] „eine mauerbewehrte Insel der Zivilisation im Meer der Natur“: H. Häussermann, W. Siebel (Hg.), Neue Urbanität. (wie Anm. 6), 7.

[68] Detlev Ipsen, Holger Weichler: Landscape Urbanism 2005, 3. (MS erschienen in: Monu-Magazin on Urbanism 2, engl./dtsch.)

[69] Thomas Sieverts: Zwischenstadt. Zwischen Ort und Welt, Raum und Zeit, Stadt und Land. Braunschweig 1997; Achim Hahn: Lebenswelten am Rand. Interpretationen zum kulturellen Ausdruck von Wohnsuburbanisierung. In: Klaus Brake et al. (Hg.), Suburbanisierung in Deutschland – aktuelle Tendenzen. Opladen 2001.

[70] Peter Marcuse: Die Stadt, die keine ist. In: K. Wilhelm, G. Langenbrinck (Hg.), City-Lights. Zentren Peripherien, Regionen. Interdisziplinäre Positionen für eine urbane Kultur. Wien 2002, ebd., 75-87, 79. Alternativen Formen der Agglomerationsurbanität sind wir 2005-2010 in einem grossen multidisziplinären Projekt an der ETH Zürich nachgegangen: „S5-Stadt. Agglomeration im Zentrum. Forschungsberichte“; vgl. e-book: www.s5-Stadt.ch, Baden, Zürich 2010.

[71] P. Marcuse: Die Stadt, die keine ist (wie Anm. 71), 79.

[72] Vgl. W. Kaschuba: Kampfzone Stadtmitte (wie Anm. 9), 357.