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Eine Eigenschaft des Normalen ist der Durchschnitt, der gewöhnliche Zustand. Die Richtschnur des Normalen hat eine imaginäre Grenze aufgezogen, eine Grenze der allgemein anerkannten als verbindlich geltenden Regeln. Diese Gewohnheit muss dekonstruiert werden, um die Vorschriftsmäßigkeit des Normalen zu hinterfragen. Das Bild des normalen Menschen und seinem normalen Leben zeigt sich bei genauerem Hinsehen in vielfacher Weise von einer anderen Seite. Normal im Begriff der Norm steht dem Anliegen des kuckuck diametral entgegen, weil es diesem Heft eben darum geht, nicht zu vereinheitlichen und vielmehr aus differenzierter Betrachtung Kultur zu entdecken. Dieser Herausforderung wird auch durch ein transdisziplinäres Spektrum an Beiträgen Rechnung getragen. Das Abhandenkommen des Normalen, die Entdeckung der Gegenposition überrascht und erschüttert uns. Plötzliche Ereignisse entzaubern das Verborgene, das sich oft lange unter dem Deckmantel des Normalen versteckt hält. Der Boden unter den Füßen scheint sich aufzulösen. Doch nicht nur jüngste Turbulenzen in der Weltordnung bestätigen den Verdacht, den wir gegen das Normale hegen. Der Diskurs um Normalität findet vor einem zutiefst sozialpolitischen Hintergrund statt. Das Leben ist durchsetzt von unscheinbaren Veränderungen. Der produzierte Unterschied ereilt uns nicht unschuldig und ist unterlaufen von Steuerungsmechanismen, die ein ständiges Mächtespiel ausbalancieren.

Zuerst beschäftigen wir uns - was könnte näher liegen - mit der "ganz normalen Familie". Ulrike Langbein nähert sich gängigen Assoziationen des Normalen mit der Familie und stellt unliebsame Fragen an eine geliebte Ordnung. Dabei spürt sie nicht nur Familienordnungen nach, sondern untersucht auch bestimmte Familiendinge und -rituale auf ihre kulturelle Normalität hin. Zu einem ganz unpassenden Klassifikationsmittel für die Einteilung von Menschen wird der Begriff der "Normalität", wenn Cornelia Renggli Plakatkampagnen zu Behinderung analysiert. Sie meint, es brauche neue Bilder von Behinderung. Bei Michel Foucault wird der Blickkontakt zur wirksamen Kontrollstrategie einer Disziplinargesellschaft, die um ein gefügiges Subjekt zu kreieren, eine ganze Reihe normierender Sanktionen entwickelt. Wie auch heute noch die weibliche Schaulust beschnitten wird, zeigt Ulrike Körbitz. Diese kulturelle Barriere wirkt tiefgehend auf das unbewusste Verhältnis von Frauen zu ihrem Körper.

Scheinbar paradoxe Bedingungen der Vereinzelung deckt Diana Reiners auf, indem sie eindimensionale Erklärungen von Individualität kritisch hinterfragt. Sie verweist auf die Ambivalenz einer neuen Normativität und den Widerspruch zwischen dem altbewährten Habitus und neoliberalen Freiheitsparolen. Die Vermengung von neoliberaler Arbeitssituation und Wahrnehmungen in einer hyperrealen Medienwelt versucht dann mein Beitrag zu einer ‚anderen Sichtweise der Dinge' anhand eines empirischen Beispieles aufzuzeigen.

11. September, der Tag, der die Welt aus ihrer ganz normalen Ordnung gerissen hat: Als eine von jenen Teilnehmerinnen einer internationalen Konferenz von Gestalttherapeuten, erzählt Nancy Amendt-Lyon von ihrer Verzweiflung in der Ungewissheit des Schicksals der Angehörigen und davon wie selbst das Außergewöhnlichste vom ganz Normalen (auch von Professionalisten) verdrängt wird.

Außergewöhnlich ist die Stadt Berlin, oder ‚war' sie es zumindest, denn Berliner Ortseffekte geraten zusehends in Schräglage. Den langen Weg hin zur normalen europäischen Hauptstadt zeichnet Beate Binder in reichhaltiger Fülle nach. Vielleicht sollten Sie Heinz Schillings Normalzeit gar nicht zuletzt lesen, um erst so richtig zu schnallen, was in Ihrem Leben alles ‚normal' ist. Dabei und beim Genuss der anderen Beiträge wünschen wir Ihnen viel Vergnügen!

     

Christian M. Peer